UNSERE BOTSCHAFTER für den FRIEDEN

Youth for Peace 2018 (Berlin) 

Frieden ist keine Selbstverständlichkeit! Eine banale Aussage, die gelesen im Kontext des Centenaire, des Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren, und verstanden als Warnung vor aktuell wieder erstarkenden nationalistischen Tendenzen, ein anderes Gewicht bekommt. Glücklicherweise haben die meisten von uns, die in Deutschland und Europa aufwuchsen, in ihrem Leben keine Kriegserfahrung machen müssen. Eine Garantie, dass dieser Zustand so bleibt, gibt es allerdings nicht. Daran zu erinnern, gleichwohl aber auch Ideen für ein weiterhin friedliches Europa der Zukunft zu entwerfen, hatten sich die Initiatoren des Wettbewerbs „100 Ideen für den Frieden/ Youth for Peace“ vorgenommen. Vom 14. – 18.11.2018  trafen sich in Berlin 500 Jugendliche aus ganz Europa und Afrika, um gemeinsam an Plänen für ein friedliches Miteinander zu arbeiten. Die Großveranstaltung, zu deren Abschluss am Sonntag Bundespräsident Frank Walter Steinmeier und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron mit den Jugendlichen zusammenkamen, wurde vom Deutsch-Französischen Jugendwerk (DFJW) unter der Schirmherrschaft des Auswärtigen Amtes sowie der Französischen Botschaft Berlin ausgerichtet. 400 Jugendliche aus 48 Ländern arbeiteten bereits ab Mittwoch in den Räumlichkeiten der Jugendherberge Ostkreuz intensiv an ihren Ideen und wurden dann ab Freitag von weiteren ausgewählten 100 SchülerInnen, sogenannten „Botschaftern“ aus Deutschland und Frankreich, unterstützt.  

Die Ziehenschule konnte mit Tristan Engeler, Fottini Papatziamos, Flora Gleißner, Polina Bondareva und Adrian Kutschera gleich fünf solcher „Botschafter für den Frieden“ entsenden. Der Aufruf zu diesem Wettbewerb erfolgte im März. In der Folge arbeiteten die fünf SchülerInnen gemeinsam mit Herrn Herold an ihren Ideen für den Frieden unter der Voraussetzung, am Ende eigentlich nur eine/n nach Berlin schicken zu können. Botschafterin sollte nach einstimmigem Beschluss der Gruppe schließlich Flora Gleißner werden. Dass es dann doch für die ganze Gruppe klappte, lag an Können gepaart mit Charme und un peu de chance, ganz vielleicht auch un petit peu an Herrn Herolds Hartnäckigkeit.  

Es wurde schließlich ein intensives, von vielen neuen Erfahrungen geprägtes Wochenende, das Freitag mit der Fahrt nach Berlin begann. Nach einem Empfang in der Französischen Botschaft durch Botschafterin Anne-Marie Descôtes gab es ein erstes Kennenlernen der anderen SchülerInnen sowie eine Podiumsdiskussion zu den eingereichten Vorschlägen für den Frieden. Samstag wurde ab 8 Uhr dann mit den 400 Jugendlichen gemeinsam in Workshops an Ideen getüftelt, um sie dann am Abend den LehrerInnen und einem Auswahlkomitee vorstellen zu können. Deren Entscheidung fiel schließlich auf vier Ansätze, die sich u.a. mit der Gründung einer „Peace Line/Friedenslinie“ beschäftigten, der physischen Verbindung verschiedener über Europa verstreuter Orte der Erinnerung mittels eines Weges (ähnlich dem Jakobsweg in Spanien), der grenzdurchlässig und damit für jeden Europäer begehbar sein soll. Bundespräsident Steinmeier und Staatspräsident Macron waren sichtlich angetan von der Energie und dem Enthusiasmus der größtenteils jungen Menschen im restlos gefüllten Kosmos-Forum an der Karl-Marx-Allee. Alle Ideen wurden den beiden abschließend in Form eines Buches überreicht. 

Zwar schafften es unsere SchülerInnen mit der Idee ihrer Gruppe nicht auf die Bühne, doch das war letztlich einfach nur Nebensache! Zu Beginn als „Wettbewerb“ ausgeschrieben, zeigten die Tage in Berlin, dass es hier um etwas anderes ging als einen Wettstreit, der letztlich immer in Sieger und Verlierer mündet. So empfand Flora den Diskurs, den offenen und authentischen, aber immer respektvollen Austausch mit den anderen Jugendlichen, als Bereicherung. Für Fotini war es die im Gespräch mit ägyptischen und algerischen Jugendlichen gewonnene Erkenntnis, dass die Probleme des einen nicht zwangsläufig Allgemeingültigkeit und -bedeutsamkeit für alle haben können, sondern jeder Mensch in seinem Lebensumfeld ganz unterschiedliche Prioritäten setzt und demnach verordnete, also nicht durch partizipative Aushandlungsprozesse entstandene Lösungen scheitern müssen. Tristan beschrieb als seinen prägendsten Augenblick den Moment, als seine Gruppe trotz anfänglicher Reibungen dann voller Energie an einer Idee arbeitete, weil für alle Frieden das einigende Moment war. Die Einsicht, dass es trotz unterschiedlicher Hintergründe und Biografien zwar immer auch verschiedene Lösungswege geben kann, aber dass Frieden als Ziel und Wunsch dennoch für so viele Menschen der gemeinsame Nenner ist, macht ihm Hoffnung! Zu Recht! 

So gab es Sonntagabend auf der Rückfahrt nur Gewinner: Müde aber strahlende SchülerInnen und einen ebenso zufriedenen Herrn Herold. 

Ein großer Dank gilt dem DFJW, das eine logistische Meisterleistung hinlegte, gar eine Party für alle im Club Prince Charles samt Shuttle-Service organisierte und auch die LehrerInnen nicht vergaß. Für die gab es am Samstag ein eigenes Programm, u.a. mit Führung durch die Barenboim-Said Akademie.

Text: Carsten Herold mit Tristan Engeler, Fotini Papatziamos, Flora Gleißner, Polina Bondareva und Adrian Kutschera; Fotos: Carsten Herold (21.11.2018)

Veröffentlicht in: Europa