Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl in unserer Aula

Debattierende Politikerinnen und Politiker gibt es für gewöhnlich eher im Fernsehen bei Anne Will oder Sandra Maischberger zu sehen. Am Mittwoch hatten Schülerinnen und Schüler der Q3 die Gelegenheit, die Kandidatinnen und Kandidaten für den Bundestag hautnah in der Aula der Ziehenschule zu erleben und mit eigenen Fragen in die Diskussion einzusteigen. Dass die Podiumsdiskussion überhaupt möglich war, ist der Initiative und dem Bemühen von Yves Roth (E1) zu verdanken, der recht knapp vor den Sommerferien (Hygienepläne/Corona machten die Durchführung einer solchen Veranstaltung lange unwahrscheinlich) Kandidatinnen und Kandidaten der Frankfurter Wahlkreise kontaktierte und die Organisation der Veranstaltung vorantrieb.

Überraschenderweise erhielten wir die Zusagen aller Direktkandidatinnen und Direktkandidaten der sechs aktuell im Bundestag vertretenen Parteien. Die Vertretung der Partei Die Linke war lange offen, umso größer war die Überraschung für uns alle, als am Mittwoch um 9:30 Uhr Janine Wissler  - Direktkandidatin sowie Bundesvorsitzende der Partei – die Aula betrat.

Es soll nicht verschwiegen werden, dass die Einladung des Kandidaten der AfD in der Schülerschaft der Oberstufe für Wirbel und massiven Widerspruch gesorgt hatte. Die Schülerinnen und Schüler hatten sich schnell organisiert und über eine Unterschriftenliste die Schulleitung zur Ausladung des AfD-Vertreters aufgefordert. Eine Haltung zu haben und sie auf diesem Weg auch zum Ausdruck zu bringen, findet die Schulleitung bewundernswert. Das ist gelebte Demokratie. Es gab und gibt gewichtige Gründe beides zu tun – Vertreter der AfD nicht einzuladen oder eben doch. Für die Schulleitung ist und bleibt es eine Dilemmasituation: Klar Haltung zu beziehen oder dem Kontroversitäts- und Neutralitätsgebot von Schule nachzukommen, um somit auch politische Auseinandersetzung zu ermöglichen. Die Schulleitung entschied sich für Letzteres. Die Haltung unserer Schülerinnen und Schüler wurde dem Vertreter der AfD von Beginn an deutlich gemacht. Janine Wissler dokumentierte diese geballte Demonstration der Ablehnung unserer Schülerinnen und Schüler gar in einem Tweet (s.u. Fotogalerie).

Die Podiumsdiskussion an sich war – wie hätte es anders ein sollen – vor allem eins: vieeeeeel zu kurz. Yves Roth und Shirin Treue (E1) moderierten gekonnt im ersten Teil der Veranstaltung durch vorab festgelegte Themenbereiche (u.a. Klima- und Bildungspolitik sowie Rassismus). Dass Politikerinnen und Politiker „Sprechmaschinen“ sind, ist hinlänglich bekannt. Sie zu unterbrechen und Redeanteile sinnvoll zu verteilen, ist daher kein leichtes Unterfangen. Yves und Shirin haben das super gemacht! Daher ein dickes Lob und herzlichen Dank an die Beiden von allen Beteiligten! Der zweite Teil der Podiumsdiskussion war Fragen aus der Schülerschaft vorbehalten. Und unsere Schülerinnen und Schüler trauten sich und stellten gute, kluge und mutige Fragen. Vor allem machten sie eins – sie ließen nicht locker, fragten und hakten nach! Einer unserer Schüler entschied sich für eine Frage an den Vertreter der AfD, vielleicht die beste in dieser Situation: „Warum sollte ich (nicht weiß, Moslem) Sie und Ihre Partei wählen?“

Nach insgesamt zwei Stunden musste leider Schluss sein. Viele Schülerinnen und Schüler nutzten aber die Gelegenheit und tauschten sich mit Janine Wissler, Armand Zorn, Deborah Düring und Frank Maiwald noch lange aus. Einen Dank von unserer Seite auch an diese Politikerinnen und Politiker, diesen Austausch ermöglicht zu haben.

Was bleibt? Nach intensiver Debatte und inhaltlicher Vorbereitung vorab, doch hoffentlich, nein, ganz bestimmt, wertvolle Erfahrungen. Die Nachbesprechungen in den PW-Kursen bestätigen diesen Eindruck. Auseinandersetzung und (politischer) Streit über das was ist und das was sein soll, mögen unangenehm sein. Sie sind es aber, die  - sofern wir uns darauf einlassen, uns daran beteiligen – Demokratie erfahr -und gestaltbar machen.

Text und Fotos: Carsten Herold (12.9.2021)

Veröffentlicht in: Europa